Weshalb ist Vitamin D im Alter dermassen wichtig?
Eine ausreichende Versorgung schützt uns vor Osteoporose und anderen Knochenerkrankungen. Denn Vitamin D fördert die Aufnahme von Kalzium und Phosphat im Darm sowie deren Einbau in den Knochen. So können Folgen einer Knochenerkrankung wie Stürze, Brüche oder gar Immobilität reduziert werden. Auch hilft es, die Muskelkraft stabil zu halten. Forschungsgegenstand ist hingegen noch, inwieweit es das Immunsystem stärkt oder gar für andere Krankheiten (z.B. gewisse Krebserkrankungen) verantwortlich ist.
Da derart viele Expertinnen und Experten reihum auf entsprechende Mängel hinweisen: Wie kommt es im Alter zu diesem Defizit?
Vitamin D wird vom Körper produziert – in der Haut und unter Mithilfe des Sonnenlichts (UVB-Strahlen). Diese Fähigkeit nimmt jedoch mit fortschreitendem Alter deutlich ab, so wie andere Körperfunktionen auch. In Extremfällen wird sie halbiert. Deshalb wird Frauen und Männern ab 60 Jahren dringend empfohlen, übers ganze Jahr Vitamin-D-Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel) einzunehmen. Nur so lässt sich der tägliche Bedarf decken (800 IE/20 μg).
Kann man selber feststellen, dass ein Manko vorhanden ist?
Nein. Müdigkeit und Lustlosigkeit können darauf verweisen. Ein Mangel lässt sich aber kaum in Eigenregie erkennen, da die Folgen (Osteoporose, schwindende Muskelkraft) nur langsam und verzögert auftreten. In diesen Fällen sind genaue Abklärungen durch einen Hausarzt nötig.
Von Ergänzungsmitteln mit Vitaminen wird gewarnt – älteren Menschen aber wird explizit zu Vitamin-D-Präparaten geraten. Woher rührt dieser Sonderstatus?
Die meisten zugeführten Vitamin- und Mineralstoffe greifen in ein fein justiertes Regelsystem unterschiedlicher Spieler und Gegenspieler ein. Folgen und Nebenwirkungen können Laien nicht wirklich abschätzen. Der Bedarf an Vitamin- und Mineralstoffen kann über den Königsweg gestillt werden: über eine gesunde Ernährung. Sie macht Ergänzungsmittel gemeinhin unnötig, zumal wenn keine gesundheitlichen Einschränkungen vorliegen. Vitamin D geniesst tatsächlich einen Sonderstatus. Denn über die Ernährung vermögen wir nur etwa 10 bis 20 Prozent unseres Bedarfs abzudecken. Dieses ist beispielsweise in fettem Fisch und Lebertran enthalten. Und da die körpereigene Produktion im Alter lahmt, ist der Griff zu einem Vitamin-D-Präparat doppelt dringlich.
Lässt sich ein Mangel allenfalls mit Sonnenbädern kompensieren?
Nein. Dazu wären extrem starke Sonnenexpositionen nötig – ausserdem müssten wir dabei auf Sonnenschutzmittel verzichten. Von beidem gilt es dringlich abzuraten, da wir sonst Hautkrebserkrankungen riskieren. Ausserdem nimmt hierzulande im Winterhalbjahr die Sonneneinstrahlung stark ab. Was die natürliche Vitamin-D-Versorgung zusätzlich erschwert und den Einsatz eines Präparats doppelt sinnvoll macht.
Dieses Interview ist in der «Zeitlupe» erschienen. Es wurde von Roland Grüter geführt.