15 Prozent der Kinder und Jugendlichen nehmen sehr stark an Gewicht zu und leiden an Übergewicht, so das Bundesamt für Gesundheit. Macht die Pubertät dicker?
Dr. Juliane Trensz: Ich würde es anders sagen: In der Pubertät, wo das Haus an allen Ecken und Enden zu wackeln beginnen kann, sind Jugendliche mit einem zuvor schon ungünstigen Lebenswandel besonders gefährdet, in eine Abwärtsspirale zu geraten. Sowohl in Richtung Gewichtszunahme, aber auch in die entgegengesetzte Richtung – wie zum Beispiel Anorexie oder Bulimie.
Woran liegt es, dass Mädchen mit einem höheren BMI früher ihre Periode bekommen?
Dies liegt in erster Linie daran, dass durch das in den Fettzellen gebildete Leptin, der übergeordneten Schaltzentrale im Gehirn (Hypothalamus) signalisiert wird, dass ausreichend Depots vorhanden wären, um eine Schwangerschaft auszutragen. In der Folge werden FSH und LH in der Hypophyse ausgeschüttet, was die Follikelreifung in Gang setzt. Damit wird auch der Aufbau der Gebärmutterschleimhaut ausgelöst, die ab dann monatlich ausgestossen wird, so lange keine Schwangerschaft eintritt.
Andersherum ist es so, dass bei Patientinnen mit niedrigem BMI und somit wenig Leptin (zum Beispiel bei Anorexie oder Leistungssportlerinnen) die Menstruation ausbleiben kann.
Wie hängen die Periode und die Ernährung zusammen?
Betreffend Zyklus und Ernährung gibt es, wie schon angesprochen, einen engen Zusammenhang: Starkes Untergewicht, wie es bei einer Anorexie vorkommen kann, führt dazu, dass der Zyklus zum Erliegen kommt. Der übergeordneten Schaltzentrale wird signalisiert, dass der Körper nicht bereit ist, eine Schwangerschaft auszutragen.
Diese dauerhafte Unterdrückung der Eizellreifung (länger als 6 Monate) hat auch langfristig für den Körper der Betroffenen schwere gesundheitliche Folgen, wie zum Beispiel mangelnder Knochenaufbau beziehungsweise Osteoporose im Alter.
Bezüglich Ernährung und Periodenschmerzen gibt es einige Erkenntnisse bezüglich Ernährungs- und Lebensgewohnheiten. So konnte gezeigt werden, dass Nikotinstop, Alkoholabstinenz sowie eine gesunde Ernährung zur Abnahme von Menstruationsschmerzen führen. Stress sowie eine generell ungesunde Lebensweise hingegen verstärken Menstruationsbeschwerden.
Oft werden Mädchen mit dem Einsetzen der Pubertät etwas antriebslos. Was hilft dagegen?
Erst einmal muss man verstehen, was die Ursache der Antriebslosigkeit ist. Auch hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, meist ist es ein Zusammenspiel mehrerer ungünstiger Faktoren.
Ursächlich wären zum Beispiel die veränderte zirkadiane Rhythmik: Im Teenageralter kommt es häufig zu verzögertem Einschlafen am Abend, was auf eine veränderte Melatoninausschüttung zurückzuführen ist. Dazu kommt eine Veränderung der Freizeitaktivitäten und häufig eine damit einhergehende längere Lichteinwirkung am Abend, was ebenfalls zu einer Verschiebung des Tag-Nacht-Zyklus zur Folge hat.
Das heisst aber nicht, dass der Jugendliche nun weniger Schlaf braucht (Bedarf liegt bei 8–10 Stunden pro Nacht), sondern der Rhythmus verschiebt sich. Da die Schule trotzdem am Morgen beginnt, kommt es zum chronischen Schlafmangel und damit zur Tagesschläfrigkeit.
Natürlich müssen auch andere Faktoren beachtet werden: So müssen beispielsweise eine Depression, eine psychische Belastungssituation oder andere somatische Ursachen ausgeschlossen werden können (Schlafkrankheit, Asthma, auch eine Hausstaubmilbenallergie kann z.B. durch verlegte Atemwege zu schlechter Schlafqualität und so zu einer Tagesmüdigkeit führen).
Wenn die Ursache verstanden ist, dann kann man Änderungen bzw. Anpassungen im Alltag versuchen: Regelmässige körperliche Aktivität und eine ausgewogene Ernährung sind dabei essenzielle Bausteine – sowohl für eine gute Tagesaktivität als auch für einen erholsamen Schlaf. Wenn eine dauerhafte, schwere Beeinträchtigung im Alltag beobachtet wird, sollte professionelle Hilfe gesucht werden.
Zur Person
Dr. Juliane Trensz ist Mitglied des Ärzteteams der Frauenarztpraxis «Central Gyn». Dies ist eine spezialisierte Gruppenpraxis für Frauenmedizin am Central in Zürich. Hier werden für kleinere Anliegen auch Walk-In-Termin angeboten.