Levin ist ein fröhliches, aufgewecktes Kind von vier Jahren, das gesund ist und sich gerne draussen bewegt. Seit einiger Zeit klagt er aber immer wieder über Bauchschmerzen und mit dem Stuhlgang tut er sich zunehmend schwerer: Denn dieser verursacht dem Jungen so starke Schmerzen, dass er panikartig zu weinen beginnt und den Gang zur Toilette verweigert. Zwischendurch kommt es sogar zu aggressiven Reaktionen, was für Levin normalerweise untypisch ist. Damit beginnt ein Teufelskreis aus Zurückhalten des Stuhlgangs und immer grösseren Schmerzen durch die fortschreitende Verstopfung.
Erste Massnahme gegen die Schmerzen
Die Eltern versuchen alles, um die Situation zu entspannen: Sie begleiten Levin regelmässig als Prävention auf die Toilette, bieten Kamillentee an, massieren den Bauch und lesen Geschichten zum Thema vor. Doch keine der Massnahmen schlägt richtig an und sie sehen sich gezwungen, zum Kinderarzt zu gehen. Um die Situation möglichst rasch zu entschärfen, verordnet dieser ein Mittel gegen Verstopfung. Levin spürt schnell dessen Wirkung, die Bauchschmerzen verschwinden und auf der Toilette beruhigt sich die Lage nach und nach. Die ganze Familie ist über die Besserung erleichtert und nach ein paar Wochen besprechen sie mit dem Kinderarzt, dass das Mittel gegen Verstopfung wieder abgesetzt werden kann.
Einige Tag geht alles gut, doch dann wird der unter dem Medikament regelmässige Stuhlgang immer seltener, die Bauchschmerzen sind wieder da und Levin beginnt sich erneut vor dem Toilettengang zu fürchten. Die Eltern sind alarmiert und besprechen mit dem Kinderarzt das Mittel gegen Verstopfung wieder einzuführen. So geht es eine Zeit lang hin und her: Das Verstopfungsmittel bringt Linderung, bei dessen absetzten beginnen die qualvollen Symptome jedoch wieder von vorne.
Die Situation muss also genauer untersucht werden und der Kinderarzt schlägt vor, Levins Ernährungsgewohnheiten von einer Ernährungsberaterin überprüfen zu lassen.
Wo wird was gegessen?
In der Ernährungsberatung wird die Familie ausführlich zur Ernährungssituation zu Hause, bei den Grosseltern und in der Kita befragt. Es stellt sich heraus, dass Levin bei den Hauptmahlzeiten zu Hause sehr wenig von den angebotenen Menüs isst, obwohl ihm beide Eltern ausgewogene und kindgerechte Speisen anbieten. Aus Sorge, dass er danach unter Hunger leiden könnte, geben sie meist kurze Zeit später Levins Druck nach Süssigkeiten nach.
Levin trinkt ausserdem Leitungswasser nur mit Sirup und aufgrund der vermeintlich guten Vitamine im Fruchtsaft, trinkt er auch davon viel.
Bei den Grosseltern isst Levin am Tisch etwas mehr. Er freut sich aber jeweils schon so sehr auf das Dessert, dass er beim Essen fast nicht stillsitzen und sich auf dieses konzentrieren kann.
Ganz anders die Situation in der Kita: Hier werden ausgewogene Mahlzeiten geliefert, die Zwischenmahlzeiten bestehen aus einer Auswahl von Früchten, Gemüse und Knäckebrot. Süssigkeiten werden nur im Rahmen eines Geburtstages zum Zvieri gegessen. Als Getränk gibt es nur Leitungswasser. Levin ernährt sich hier vollkommen altersentsprechend, die Betreuerinnen sehen in der Kita keinen Anlass zur Sorge.
Die Analyse in der Beratung
Die Ernährungsberaterin analysiert die Ernährungssituation so: Levin zeigt grundsätzlich altersgerechte und für Kinder typische Verhaltensweisen. So mag er kein intensiv riechendes gekochtes Gemüse, hat seine persönlichen Vorlieben sowie Abneigungen und die angeborene Präferenz für Süsses macht sich mehr oder weniger stark bemerkbar. Ausser Haus passt er sich mehrheitlich den Ernährungsgegebenheiten an und freut sich natürlich, wenn ein Dessert oder ein süsser Zvieri angeboten wird. Zu Hause hat er jedoch gelernt, dass er nach den Mahlzeiten Druck auf die Eltern ausüben und uneingeschränkt Süssigkeiten bekommen kann. Dasselbe gilt für die Verweigerung von ungesüsstem Wasser und dem ausschliesslichen Konsum von Sirup. Die Präferenz dafür wird durch das Angebot an Fruchtsaft noch verstärkt, denn darin sind nebst Vitaminen genauso viel Zucker versteckt, wie in Süssgetränken. Unter diesen Umständen konsumiert Levin viel zu viele zuckerreiche Lebensmittel und Getränke, die jedoch praktisch keine wünschenswerten Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Auch der Anteil an Nahrungsfasern, die in Früchten, Gemüsen, Vollkornprodukten, Nüssen, Hülsenfrüchten enthalten sind, verpasst der Junge dadurch. Ausreichend Nahrungsfasern sind jedoch essentiell für einen geregelten Stuhlgang, denn sie schaffen Volumen und eine weiche Konsistenz.
Levins Familie hat in der Ernährungsberatung viele praktische Tipps für den Alltag bekommen: Seit der letzten Beratung hat Levin im Kühlschrank seine eigene Box, die mit gesunden nahrungsfaserreichen Snacks (Cherrytomanten, Heidelbeeren, Snackgurken, etc.) gefüllt ist, bei der er sich selbständig bedienen kann. Nach dem Mittagessen kann sich Levin aus einem Topf eine kleine Süssigkeit auswählen. Beim Wasser gibt Levins Mutter Schritt für Schritt immer weniger Sirup dazu.
Anfangs war Levin wütend darüber, dass er nicht mehr uneingeschränkt Süssigkeiten bekam und weinte viel. Dass er sich jedoch für den Kühlschrank eine neue Box aussuchen durfte, hat ihm schon gefallen und jetzt kann er selbst auch einmal darüber bestimmen, wann und was er daraus essen möchte. Schon fast so wie ein grosser Kindergärtner…
Illustration: David Haettenschweiler
6 Kommentare zu „Was tun, wenn das Kind unter Verstopfung leidet?“
Mein Kind hat in dieser Woche Magenbeschwerden bekommen. Es war sehr hilfreich zu erfahren, dass man bei länger anhaltenden Schmerzen am besten zu einem Hausarzt gehen sollte. Da wir uns unsicher sind, werden wir dies tun und einen Hausarzt aufsuchen.
Da unser Arzt gerade geschlossen hat, kann ich mit meinem Sohn zu keiner Untersuchung gehen. Interessant war hierbei der Beitrag, dass nicht unbedingt eine Krankheit, sondern auch die Ernährung ein Grund für die Beschwerden sein kann.
Mein Kind hat momentan starke Bauchschmerzen. Mir war nicht klar, dass Kamillentee bei Verstopfungen helfen kann. Ich werde zusätzlich einen Allgemeinmediziner aufsuchen.
Das freut uns, dass wir Ihnen mit diesem Artikel helfen konnten. Weiterhin gute Besserung für Ihr Kind und alles Gute, Ihr Ernährungszentrum
Mein Kind hat sein gestern Bauchschmerzen. Vielen Dank für den Tipp, dass die Ernährung des Kindes eventuell das Problem darstellen kann. Ich werde mich an einen Kinderfacharzt wenden, der eine Untersuchung anstellen kann.
Eine gesunde Ernährung ist mir tatsächlich in letzter Zeit sehr wichtig geworden. Es ist tatsächlich schwer, die Ernährungssituation des Kindes außerhalb des eigenen Haushaltes zu kontrollieren. Da mein Kind an Bluthochdruck leidet, müssen wir jedoch eine strikte Ernährung durchziehen und ich hoffe, dass wir dies in Zukunft besser regeln können.