Medikamente wie Saxenda®, Victoza® oder Ozempic® helfen beim Abnehmen, so dass innerhalb kürzester Zeit an Gewicht verloren geht. Was sich zunächst einfach anhört, muss gut vom Arzt (z.B. Endokrinologin) abgeklärt und überwacht werden. Und es braucht zwingend noch mehr als nur die medikamentöse Therapie.
Wie wirken GLP-1-Rezeptoren-Agonisten?
Die Wirkstoffe, in den oft eingesetzten Medikamenten Saxenda®, Victoza® oder Ozempic®, sind dem Darmhormon Glucagon-like Peptide 1 (GLP‑1) nachgebildet. GLP-1-Rezeptoragonisten senken den Blutzuckerspiegel und wirken gleichzeitig appetithemmend. Dieser Effekt kommt insbesondere durch eine verlangsamte Magenentleerung zustande.
Die Wirkmechanismen in drei Stufen
Basiswirkung Stufe 1:
- Verstärkte Insulinbildung und ‑sekretion
- Hemmung der Glukagon-Ausschüttung (Glukagon = Gegenspieler von Insulin)
- Motilität im Magen-Darmtrakt wird herabgesetzt (= verlangsamt)
Folgewirkungen Stufe 2: - Verbessertes Sättigungsgefühl, konkretes Empfinden von Sättigung
- Verminderte Nahrungsaufnahme
- Verminderte Glukoseausschüttung der Leber
- Steigerung der Fettverbrennung
Folgewirkung Stufe 3 - Gewichtsreduktion
- Senkung des Langzeit-Zuckers HbA1c
- Senkung des Blutdrucks und Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit
- GLP-1-Analoga sind in der Schweiz seit April 2020 nicht mehr nur in der Diabetes- sondern auch in der Adipositas-Therapie zugelassen.
Links zum Thema
Video für Typ-2-Diabetiker zum Thema.
Pharmazeutische Erklärung zu GLP-1-Analoga auf PharmaWiki.
Wie sieht die Therapie mit GLP-1-Analoga in der Schweiz aus?
In der endokrinologischen Sprechstunde wird sorgfältig abgeklärt, ob die jeweilige Patientin von solch einer Therapie profitieren und diese auch gut vertragen würde. Die Verabreichung des Medikaments erfolgt mittels Injektion, was bedeutet, dass sich der Patient das Medikament selbst spritzt. Die Dosis wird langsam gesteigert, wobei die Verträglichkeit genau beobachtet werden muss.
Weil diese Medikation sehr teuer ist und für viele Patienten zeitlich limitiert von der Krankenkasse übernommen wird, sind Bedingungen an diese Therapie geknüpft: Nebst der Dokumentation der kalorienreduzierten Ernährung und regelmässigen Bewegung, müssen beispielsweise bei der Verschreibung von Saxenda® konkrete Ziele erreicht werden.
Einige der Bedingungen (*), die an die Verschreibung geknüpft sind:
- Die dokumentierte Einhaltung einer 500 kcal / Tag-Defizit-Diät ist Voraussetzung für die Vergütung von Saxenda® und muss gegenüber dem Krankenversicherer bestätigt werden.
- Die Verschreibung darf ausschliesslich durch Fachärzte für Endokrinologie/Diabetologie FMH sowie durch ausgewählte Ärztinnen mit Erfahrung in der Behandlung von Adipositas erfolgen.
Die Behandlung muss abgebrochen werden:
Wenn Patienten mit BMI ≥ 28 und < 35 nach 16-wöchiger Behandlung (über 4 Wochen wird die Dosis laufend gesteigert, 12 Wochen Behandlung mit 3 mg / Tag) nicht mindestens 5 Prozent ihres Ausgangskörpergewichts im Vergleich zu Beginn der Therapie mit Saxenda® verloren haben.
Wenn Patientinnen mit BMI ≥ 35 nach 16-wöchiger Behandlung (über 4 Wochen wird die Dosis laufend gesteigert, 12 Wochen Behandlung mit 3 mg / Tag) nicht mindestens 7 Prozent ihres Ausgangskörpergewichts im Vergleich zu Beginn der Therapie mit Saxenda verloren haben.
- Wenn nach weiteren 6 Monaten nicht eine weitere Gewichtsreduktion von mindestens 5 Proznet des nach 16 Wochen erreichten Gewichtes erzielt werden konnte.
• Für eine weiterführende Therapie über diese initiale Behandlungsphase hinaus wird eine erneute Kostengutsprache benötigt, wobei die Gewichtsreduktion nach 16 Wochen und 6 Monaten zu belegen sind.
• Eine Erfolgskontrolle hat danach grundsätzlich alle 6 Monate zu erfolgen.
(*) Quelle BAG: Gilt vorerst bis 31.03.2023. Soll die Gewichtsreduktion und / oder die Normalisierung der Blutzuckerwerte nachhaltig sein und auf gesundem Weg erfolgen, muss der Lebensstil, der womöglich ein Mitauslöser für die Krankheit war, geändert werden. Ein Bewegungsprogramm und die individuell abgestimmte Ernährungsberatung, werden daher jede Lira- bzw. Semaglutide-Therapie begleiten.
Warum es eine Ernährungsumstellung braucht
Würde man sich während der ersten Phase der Medikamenten-Therapie ungesund ernähren – Fast-Food sowie wenig Gemüse oder Salat – und sich gleichbleibend wenig bewegen, würde man dennoch abnehmen. Denn durch die raschere Sättigung profitiert man rein rechnerisch vom Kaloriendefizit (IdH-Effekt**).
Eine ungesunde Ernährung zu minimieren, führt aber zu neuen Defiziten wie Protein‑, Vitamin- und Mineralstoffmangel. Ausserdem muss dem Thema Zucker, Kohlenhydrate und Nahrungsfasern Beachtung geschenkt werden. Findet in diesem Bereich keine Änderung der Gewohnheiten statt, sind Erkrankungen des Magen-Darmtraktes und anderer Organe die Folge.
In der Ernährungsberatung werden regelmässig Messungen der Körperzusammensetzung (BIA-Messung) durchgeführt. Damit soll gewährleistet werden, dass Fett reduziert wird und nicht Muskelmasse verloren geht.
(**) IdH: «Iss die Hälfte» oder «Friss die Hälfte». War in den 1970er-Jahren eine beliebte Methode, die auch von Ärzten empfohlen wurde
Neue Gewohnheiten einüben
An erster Stelle der Ernährungsberatung steht die Analyse der Ernährung im ganz normalen Alltag. Es beinhaltet das Kennenlernen vieler Aspekte aus dem Alltag des Klienten. Das sind:
- Lebenssituation (Berufsalltag, Haushaltgrösse, Kinder am Tisch etc.)
- Einkaufsgewohnheiten (wann, was und wo?)
- allfällige besondere Lebensumstände (pflegebedürftige Eltern, Trennung etc.)
- Koch ‑lust, ‑zeit und ‑kenntnisse
- Vorlieben, Abneigungen, Unverträglichkeiten
- regelmässige sportliche Aktivitäten (Hundespaziergang, Walking-Gruppe, keine etc.)
- Stressregulation und Naschgewohnheiten
- viele andere mehr
Basierend auf diesem ersten Gespräch entwirft man gemeinsam das Vorgehen. Dabei hilft ein ausführliches Essprotokoll, das mit Fokus Essgewohnheiten im ganz normalen Alltag erstellt wird. Die Tatsache, dass das Medikament mit dem Sättigungsgefühl einen wichtigen Stolperstein in der Gewichtsreduktion reguliert, macht das Einüben von neuen Gewohnheiten viel einfacher.
Es ist bekannt, dass man zum Einüben von neuen Gewohnheiten ungefähr drei Monate braucht. Man sollte diese Zeit der Gewichtsreduktion also unbedingt nutzen, um sich die Chance auf ein gesundes Gewicht mit neuen Ernährungs- und Bewegungskompetenzen zu geben.