Menschen mit einem ausgeprägten Sinn für ihre Gesundheit neigen dazu Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen in der Hoffnung Krankheiten vorzubeugen. Was in guter Absicht passiert – und zu Genüge auf unterschiedlichsten Plattformen angepriesen wird – wirft jedoch eine Frage auf: Kann sich das gesundheitsfördernde Potential, das unter anderem in Obst und Gemüse steckt, auch durch das Einnehmen von Nahrungsergänzungsmitteln entfalten?
Was sind Nahrungsergänzungsmittel?
Die sogenannten Supplemente werden in den unterschiedlichsten Formen und Dossierungen angeboten:
- So können die Ergänzungen in Form von Kapseln, Tabletten, Pulver oder Tröpfchen sein, die Vitamine, Mineralstoffe oder sonstige Substanzen mit ernährungsspezifischer Wirkung in konzentrierter Form enthalten.
- In den Mitteln dürfen ausschliesslich Stoffe (mit Vorbehalt bestimmter Höchstmengen) enthalten sein, wie sie vom Lebensmittelgesetz vorgeschrieben sind (siehe Auszug in Tabelle unten).
- Sie bewegen sich im Grenzbereich zwischen Arznei- (verschreibungspflichtig oder nicht) und Lebensmitteln (Drogerie und Detailhandel).
Vitamin / Mineralstoff | Referenzwerte | Upper Level |
---|---|---|
Calcium | 1000 mg | 2500 mg |
Jod | 150 µg | 600 µg |
Vitamin B12 | 3 µg | ungenügende Daten |
Vitamin C | 100 mg | ungenügende Daten |
Vitamin D | 5 µg | 100 µg |
Referenzwerte für die Wirkstoffzufuhr im Vergleich zu den gesetzlich vorgeschriebenen Upper Limits.
Was erhofft man sich von Supplemeneten?
Die Motive für die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sind sehr verschieden und je nach Kosumentengruppe unterschiedlich. Viele versprechen sich einen präventiven Effekt zur Krankheitsvorsorge (z. B. Schutz vor Erkältung) oder die Kompensation unausgewogener Ernährung. Andere erwünschen sich leistungssteigernde Effekte (Ernährungsoptimierung) oder ein Mittel gegen Abgeschlagenheit und Müdigkeit, die Verzögerung von Alterserscheinungen oder andere kosmetische Motive wie beispielsweise volles Haar oder bruchfeste Nägel. Und wieder andere nehmen Nahrungsergänzungsmittel auf Anraten einer Ärztin ein, um die gesteigerten Bedürfnisse während der Schwangerschaft zu ergänzen.
Was können Nahrungsergänzungsmittel?
Nahrungsergänzungsmittel erzielen genau die Wirkung, die zu erwarten ist: Sie ergänzen die Ernährung.
Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht gibt es deshalb keinen Grund für die «Normalbevölkerung» die Mittel zu nehmen. Eine einigermassen ausgewogene Ernährung deckt den Nähr- und Wirkstoffbedarf.
Ausnahmen:
- Jod: angereichertes Salz
- Vitamin D: Sonnenexposition und Supplementation in den Wintermonaten
Und: Wenn ein Mangel diagnostiziert wird. Dann macht ein Monosupplement, mit dem jeweils nur isolierten Wirkstoffstoff (bspw. Eisen, Vitamin D) Sinn. Denn für das «Füllen» der leeren Speicher, ist die Wirkstoffdichte der natürlichen Lebensmittel zu gering und die Bioverfügbarkeit* zu niedrig.
*Bioverfügbarkeit: Menge, die effektiv resorbiert wird (nicht zwingend gleich wie die zugeführte Menge). Hängt ab von: Zufuhrmenge (mit steigender Dosierung sinkt die Resorptionsrate bzw. steigt die Ausscheidungsrate), Zufuhrart (biologisch aktive Form oder nicht), Wechselwirkung mit anderen Inhaltsstoffen und der individuellen Resorptionsrate.
Supplemente vorbeugend nehmen
Die präventive Wirkung in speziellen Situationen mit erhöhtem Bedarf sind ebenfalls fundiert, beispielsweise:
- Schwangerschaft: erhöhter Bedarf div. Mikronährstoffe, präventive Folsäure-Supplementation
- Veganismus: Vitamin B12-Substitution
- Hypokalorische Diät nach einem bariatrischen Eingriff: Eine geringe Nahrungsaufnahme hat immer auch eine geringe Wirkstoffaufnahme zur Folge. Dieser will man nach einer bariatrischen Operation entgegenwirken.
Ausserdem gibt es noch den Placebo-Effekt: Dieser bezeichnet ein Phänomen, bei der eine Substanz den Zustand eines Patienten zu verbessern vermag, allein aus dem Grund, dass er erwartet, dass sie hilfreich sein wird. Ähnliche Effekte sind auch bei Nahrungsergänzungsmittel anzutreffen.
Und was können die Mittel nicht?
Die Annahme mit ausreichend Nahrungsergänzungsmitteln eine ausgewogene Ernährung ersetzen zu können, ist leider falsch. Anstatt dessen Multivitamin-/mineralstoffpräparate einzusetzen, würde einer «Symptombehandlung» gleichkommen, da die Ernährungsqualität mangelhaft bleibt. Auch die präventive Einnahme zum Schutz vor Krankheiten konnte in Studien nicht klar belegt werden. Beispielsweise reduziert die Einnahme von Vitamin C die Wahrscheinlichkeit für eine Erkältung nicht.
Ausserdem steigt mit der Supplementierung das Risiko für eine Überdosierung einzelner Wirkstoffe. Bei den wasserlöslichen Vitaminen ist dieses Risiko verschwindend gering, da sie vom Körper über die Niere ausgeschieden werden können.
Anders verhält sich dies bei den fettlöslichen Vitaminen: Eine ernährungsbedingte Hypervitaminose kann durch das Vitamin A bzw. dem übermässigen Konsum von Leber oder Lebertran, auftreten.
Um von der ganzen Palette an gesundheitsfördernden Inhaltstoffen, die in Pflanzen respektive Gemüse und Früchten stecken, profitieren zu können, empfiehlt sich der abwechslungsreiche Konsum von reifem Obst und Saison-Gemüse. Wie sich diese auch für Kochmuffel in den Alltag integrieren lassen, erfahren sie bei einem Termin im Ernährungszentrum.