Pseu­de­ge­treide: Wie gesund sind Quinoa, Ama­ranth und Buchweizen?

Den Super-Körnern Amarant, Quinoa und Buchweizen werden wahre Wunder zugeschrieben. Zu recht? Ernährungsexpertin Ruth Ellenberger im Interview mit der Zeitlupe.
Den Super-Körnern Ama­ranth, Quinoa und Buch­weizen werden wahre Wunder zu­ge­schrieben. Zu recht? Er­näh­rungs­expertin Ruth El­len­berger im In­terview mit der Zeitlupe. 

Der Handel pro­pa­giert ak­tuell reihum Pseu­do­ge­treide. Was un­ter­scheidet die Exo­tinnen von ver­trauten Ge­trei­de­sorten?
Sie ge­hören nicht zur gleichen bo­ta­ni­schen Fa­milie, sind also keine Süss­gräser, so wie Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Hirse, Mais oder Reis. In der Küche werden Pseu­do­ge­treide jedoch ähnlich ver­ar­beitet. Kocht man sie in Wasser, be­kommen sie – zu­mindest Amarant und Quinoa – eine gel­artige Kon­si­stenz. Was sie auch von an­deren Ge­treiden abhebt, ist der leicht nussige Geschmack.

Welcher Pflan­zenteil wird uns ser­viert?
Die (ge­schälten) Samen, gleich wie bei Hafer, Dinkel, Weizen & Co. In den Ländern, aus denen die Pseu­do­ge­treide stammen, werden teil­weise auch andere Pflan­zen­teile ge­nutzt, etwa die Jung­triebe und Blätter von Quinoa.

Was zeichnet die Pseu­do­ge­treide genau aus?
Alle drei Ver­tre­te­rinnen sind glu­tenfrei, das hebt sie von an­deren Sorten ab. Sie wurden erst Men­schen emp­fohlen, die an der so­ge­nannten Zö­liakie er­krankt sind, unter einer Gluten-Un­ver­träg­lichkeit leiden. Be­trof­fenen waren folglich glu­ten­freie Pro­dukte und Ge­treide höchst will­kommen. Mitt­ler­weile zeichnet sich in der Be­völ­kerung ein Glu­tenfrei-Trend ab: was Quinoa, Amarant und Buch­weizen breit in Mode brachte.

Sind sie tat­sächlich eine Lösung für all jene, die unter Zö­liakie leiden?
Ja. Aber nur dann, wenn bei­spiels­weise ent­spre­chende Teig­waren ein Glu­tenfrei-Label tragen. Denn im Ver­ar­bei­tungs­prozess werden glu­ten­freie (Getreide-)Produkte oft nicht kon­se­quent genug von Glu­ten­hal­tigen ge­trennt – ein Ko­sten­punkt. Und schon ge­ringste Spuren von Gluten sind für Zö­li­a­kie­be­troffene schädlich. Wer sich davor schützen will, muss zwingend auf das Gluten-Label achten.

Ins­be­sondere Quinoa wird als so­ge­nannter Powerfood an­ge­priesen – zu Recht?
Jein. Schaut man be­stimmte In­halts­stoffe äus­serst se­lektiv an, ist dieser Adels­schlag er­klärbar. Weitet man aber die Per­spektive, schwinden die ver­meint­lichen Wunder, die man Powerfood zu­schreibt, oft ganz schnell. So auch bei Quinoa: Zwar enthält dieses fast dreimal so viel Calcium und doppelt so viel Ma­gnesium oder Eisen wie Voll­korn­weizen. Doch der Nah­rungs­fa­ser­gehalt oder der Anteil an Vitamin E ist nur halb so hoch.

Was die Vor­schuss­lor­beeren re­la­ti­viert …
Zu­mindest sind die Ver­sprechen etwas überhöht. Einige wert­volle In­halts­stoffe sind in Quinoa zwar tat­sächlich gut ver­treten. Dazu ge­hören Fol­säure, Eisen und Ma­gnesium. Doch gleich­zeitig enthält das Pseu­do­ge­treide aber auch Sa­ponine und Oxalate. Und Sa­ponine – grund­sätzlich ge­sunde Pflan­zen­stoffe, – können bei emp­find­lichen Per­sonen die Darm­schleimhaut reizen und zu un­an­ge­nehmen Ne­ben­wir­kungen führen (etwa Durchfall). Oxal­säure wie­derum hemmt die Auf­nahme von Eisen, was den hohen Ei­sen­gehalt des Pseu­do­ge­treides etwas re­la­ti­viert. Der sehr gute Ruf ist primär ge­konntem Mar­keting ge­schuldet. Genau be­trachtet ist Quinoa zwar ein wert­volles Ge­treide, so wie Weizen, Roggen oder Hirse. Aber ein Wun­der­mittel ist es nicht.

Pseu­do­ge­treide sind un­ge­eignet für Back­waren. Weshalb?
Weil darin Gluten fehlt, also Kle­ber­ei­weiss. Dieses ist für Back­waren wichtig. Mischt man jedoch Eier unter die Mehle, mindert man damit dieses De­fizit. Dann lassen sich daraus auch Cup­cackes oder Pfann­kuchen zu­be­reiten. Manche be­reiten aus Amarant Popcorn her.

Leiden dar­unter al­len­falls die In­halts­stoffe?
Die Er­hitzung und Rö­stung der Körner ver­ändern ge­wisse In­halts­stoffe tat­sächlich: po­sitiv und ne­gativ. Beim Er­hitzen geht ein Teil der emp­find­lichen Vit­amine ver­loren. Durch das Rösten kann wie­derum Acrylamid ent­stehen – ein schäd­licher Stoff, der in Verruf steht, das Krebs­risiko zu er­höhen. Gleich­zeitig können wir diese Ge­treide erst durch diese Koch­pro­zesse über­haupt verdauen.

Pseu­do­ge­treide wird ein hoher Gehalt an Ei­weiss zu­ge­schrieben: Gehört es folglich auf den Spei­seplan äl­terer Men­schen?
Ein­spruch. Nicht alle Sorten sind in diesem Punkt gleich stark. Einzig Amarant und Quinoa weisen viel Ei­weiss auf. Mit 14,5 bzw. 15,5 Gramm Ei­weiss pro 100 Gramm rohes Korn über­trumpfen sie alle an­deren Ge­treide. Doch Buch­weizen liegt mit 9,5 Gramm Ei­weiss weit hinter Hafer, Weizen, Hirse und Roll­gerste zurück. Ge­trei­de­ei­weiss sollte man üb­rigens stets mit Milch­pro­dukten kom­bi­nieren. Erst durch diese Kom­bi­nation ent­stehen le­bens­wichtige Ami­no­säuren. Deshalb emp­fehle ich äl­teren Men­schen, die sich um den Erhalt ihrer Muskeln be­mühen sollten: Mi­schen Sie Flocken­mischungen mit Amarant oder Quinoa immer mit Jo­ghurt oder Quark. Solche Müesli sind nicht nur gesund, sie schmecken auch gut.

Dieses In­terview ist in der «Zeitlupe» er­schienen. Es wurde von Roland Grüter geführt.

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