Ge­sunde Er­nährung für jeden Tag

Übergewicht im Homeoffice, gesunde Produkte im Winter und Mangelernährung im Alter. Ruth Ellenberger, Ernährungsberaterin und Co-Geschäftsführerin des Zürcher Ernährungszentrums, weiss Rat.
Über­ge­wicht im Ho­me­office, ge­sunde Pro­dukte in der küh­leren Jah­reszeit und Man­gel­er­nährung im Alter. Unsere Ex­pertin, Ruth El­len­berger, weiss im Tag­blatt Zürich Rat. 

Viele Men­schen nehmen sich Vor­sätze fürs neue Jahr. Sie wollen sich be­wusst er­nähren. Wie de­fi­niert sich ge­sunde Er­nährung aus Ex­per­ten­sicht?
Ganz wichtig: ab­wechs­lungs­reich essen. Kein Le­bens­mittel allein kann un­serem Or­ga­nismus all das liefern, was er braucht, um gesund zu bleiben. Eine ab­wechs­lungs­reiche Kost, die vor­wiegend auf pflanz­lichen Le­bens­mitteln ba­siert, ist ele­mentar. In­du­strie­pro­dukte, be­stehend aus Weissmehl, Fett und Zucker, sind das, worauf man am ehesten ver­zichten sollte. Bal­last­stoff­reiche Nahrung mit Gemüse, Obst und Vollkorn-Pro­dukten un­ter­stützt das Mi­krobiom für einen ge­sunden Darm, was auch dem Im­mun­system dient. Sie fördert die Denk­lei­stung, den Schlaf-Wach-Rhythmus und un­ter­stützt die psy­chische Gesundheit.

Was sollte man täglich essen, um seinem Körper etwas Gutes zu tun?
Ich emp­fehle zu jeder Mahlzeit eine Ei­weiss-Kom­po­nente wie Eier, Hül­sen­früchte, Milch­pro­dukte, ma­geres Fleisch oder Fisch. Denn unser Körper ist nicht in der Lage, Ei­weiss zu spei­chern, also muss es re­gel­mässig mit der Nahrung zu­ge­führt werden. Ei­weiss ist wichtig für die Bildung von En­zymen und den Erhalt ge­sunder Mus­ku­latur, für Knochen, Haut und Haare.

Worauf sollte man ver­zichten?
Auf Süs­sig­keiten zwi­schen­durch. Weil sie den Hunger-Sät­ti­gungs-Me­cha­nismus stören. Auch Süss­ge­tränke und Frucht­säfte auf nüch­ternen Magen sind keine gute Idee, sie schaden den Ge­fässen. Der Blut­zucker­spiegel steigt, der Körper schüttet das Hormon In­sulin aus, Zucker ver­teilt sich in den Zellen und Fett-Depots werden an­gelegt. Weil der Blut­zucker­spiegel schnell wieder ab­sinkt – ver­ur­sacht durch die hohe In­su­lin­aus­schüttung – kommt das Hun­ger­gefühl zurück. Das heisst aber nicht, dass man auf Süsses ver­zichten muss, man sollte es idea­ler­weise aber in­nerhalb einer Mahlzeit kon­su­mieren, als Dessert.

Richtig trinken im Winter: Gerade ältere Leute haben oft we­niger Durst, Bü­ro­an­ge­stellte ver­gessen das Trinken eben­falls oft. Wie viel Flüs­sigkeit braucht man im Winter wirklich?
Eine gute Regel: 30 ml Wasser pro Kilo Kör­per­ge­wicht pro Tag. Im Winter geht das Trinken tat­sächlich leichter ver­gessen, weil man we­niger schwitzt. Trinken ist aber äus­serst wichtig, weil wir in trockenen Räumen leben und ar­beiten. Auch der Com­puter trocknet die Luft zu­sätzlich aus. Allein über die Atmung ver­lieren wir Flüs­sigkeit. Wer zu wenig trinkt, ris­kiert Kopf­schmerzen, auch die Kon­zen­tra­ti­ons­fä­higkeit lässt nach. Be­sonders für ältere Leute kann zu wenig Flüs­sigkeit ernst­hafte Folgen haben. Sie nehmen oft Me­di­ka­mente ein, wenn sie dann zu wenig trinken, kann es zu De­hy­dration und Ver­gif­tungs­er­schei­nungen kommen. Trinken lässt sich trai­nieren. Am besten einen Trink­wecker ein­richten. Es muss nicht nur Wasser sein. Ver­dünnte Frucht­säfte ent­halten Elek­trolyte und sind gut fürs Herz.

Welche Pro­dukte stärken das Im­mun­system im Winter be­sonders?
Vitamin C enthält An­ti­oxi­dantien und schützt die Zellen. Wer Sau­er­kraut mag, liegt gold­richtig. Auch Wur­zel­gemüse und Kohl­ge­wächse sind vit­amin­reich, ebenso Nüsse. Und Trinken nicht ver­gessen. Wenn die Schleim­häute aus­trocknen, haben es Keime leichter.

Statt Früchte und Gemüse greifen viele zu Vit­amin­prä­pa­raten. Sind sie ein guter Ersatz?
Nein, gar nicht. Sie ent­halten weder se­kundäre Pflan­zen­stoffe noch Nah­rungs­fasern und wirken da­durch nicht ent­zün­dungs­hemmend. Zudem be­steht bei Nah­rungs­er­gän­zungs­mitteln das Risiko der Über­do­sierung, was neu­ro­lo­gische Pro­zesse be­ein­träch­tigen kann. Das einzige Vit­amin­prä­parat, das in den dunklen Mo­naten (Ok­tober bis März) alle ein­nehmen sollten, ist Vitamin D. Bei vielen Früchten wie Äpfeln und Kiwis, aber auch Kar­toffeln stecken die meisten Vit­amine in der Schale.

Viele Men­schen schälen aber alles. Ein Fehler?
Ja, denn es ist tat­sächlich so, dass viele Mi­ne­ral­stoffe und se­kundäre Pflan­zen­stoffe direkt in oder unter der Schale liegen. Ge­spritzte Nah­rungs­mittel sollte man al­ler­dings schon schälen, ebenso alte Kar­toffeln. An­sonsten hilft: Gut wa­schen und sai­sonal ein­kaufen. Diese Pro­dukte sind auch we­niger behandelt.

Früh­stücken wie ein Kaiser, heisst eine Regel. Doch viele haben morgens schlicht keinen Hunger. Ist es un­gesund, das Früh­stück aus­fallen zu lassen?
Wer morgens keinen Hunger hat, sollte sich nicht zum Essen zwingen. Wer früh­stücken will, soll dies tun. Jeder Mensch ist ver­schieden. Viele Leute nehmen die Haupt­mahlzeit abends ein, weil sie dann mehr Ruhe und Zeit haben. Das ist nicht ge­sund­heits­schä­digend, manchmal
kann aber die Schlaf­qua­lität leiden, wenn man zu spät isst. Ältere Men­schen ver­dauen zudem nicht mehr so schnell. Ver­zichten fällt vielen schwer.

Was halten Sie vom so­ge­nannten Cheat Day, ein Tag, wo man alles essen darf, worauf man Lust hat?
Das finde ich ehrlich gesagt un­sinnig, denn es er­innert an ein ge­störtes Ess­ver­halten. Pizza, Wein, ein Schöggeli, das ist alles nicht schlimm, so­lange man es nicht über­treibt und die Er­näh­rungs­bilanz innert 14 Tagen stimmt. Viele Men­schen sind zu streng mit
sich selber und halten es dann oh­nehin nicht durch. Wer jeden Tag ein Gipfeli isst, tut sich na­türlich nichts Gutes. Wer aber am Sonntag Back­waren kon­su­miert, tut es aus Genuss, und das ist wichtig.

Wer im Ho­me­office ar­beitet, hat ein Risiko für Über­ge­wicht, weil der ständige Gang zum Kühl­schrank lockt. Was hilft?
Fakt ist, dass viele Men­schen im Ho­me­office zu­nehmen. Sie be­wegen sich kaum, be­dienen sich oft am Kühl­schrank, die so­ziale Kon­trolle fehlt. Da hilft nur eins: We­niger ein­kaufen, damit man nicht in Ver­su­chung kommt und häu­figer raus an die frische Luft muss, um Be­sor­gungen zu tätigen.

Man­gel­er­nährung kommt be­sonders häufig im Alter vor. Die Folge können un­ge­wollter Ge­wichts­verlust, In­fek­ti­ons­an­fäl­ligkeit und Schwäche sein. Was schafft Ab­hilfe?
Man­gel­er­nährung ist bei äl­teren Men­schen leider ein Rie­sen­thema. Die Ver­ein­samung hat zu­ge­nommen. Viele essen zu ein­seitig. Sie nehmen sich morgens viel­leicht ein Weggli mit Butter und Kon­fitüre, da­durch fehlen aber wichtige Vit­amine und Ei­weiss. Auch Ca­napés und Wähen sind keine
richtige Er­nährung. Es braucht Lö­sungen wie Mahl­zei­ten­dienste, Spitex, Mit­tags­tische und Strukturen.

Wann ist eine pro­fes­sio­nelle Er­näh­rungs­be­ratung sinnvoll?
Immer, wenn man das Gefühl hat, selber nicht wei­ter­zu­kommen. Es gibt gute Apps zur Ge­wichts­kon­trolle. Wer ab­nehmen will, kann sich auch in Foren zu­sam­men­schliessen und ge­gen­seitig mo­ti­vieren. Bei er­höhten Fett- und Blut­zucker­werten oder an­deren er­näh­rungs­be­dingten Er­kran­kungen sollte man sich Hilfe holen.

Lesen Sie auch hier das In­terview von Ginger Hebel:

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